Wieder einmal war das Konto von Stefan gepfändet worden. Gerade jetzt, wo er sich aus den Schulden ein wenig freigestrampelt hatte. Besonders ärgerlich ist, dass es kurz vor der nächsten Lohnzahlung geschah. So war der Lohn für den nächsten Monat futsch. Das sollte ihm nicht wieder passieren. Stefan spricht mit seiner Frau Stefanie. Sie beschließen, dass sein nächster Lohn auf ihr Konto gezahlt werden soll. Der Arbeitgeber kennt die Probleme von Stefan. Er ist einverstanden und überweist den Lohn nun auf das Konto von Stefanie. Die Probleme scheinen gelöst. Der Gläubiger kann nur gegen Stefan, nicht jedoch gegen Stefanie vollstrecken.
Diese Vorgehensweise ist verbreitet anzutreffen. Doch dieser scheinbare “Königsweg“ hat seine Tücken.
Wenn das Geld auf das Konto von Stefanie gezahlt wird, kann sie von der Bank verlangen, dass ihr der Geldbetrag ausgezahlt wird. Sie hat hier also eine Rechtsposition bekommen. Sie hat etwas „erlangt“. Dies erhielt sie, weil Stefan seinem Arbeitgeber sagte, dass er das Geld auf dieses Konto zahlen soll. Zudem hat sie das unentgeltlich bekommen, denn sie hat nichts dafür getan. Sie hat ihre Rechtsposition und damit das Geld geschenkt bekommen.
Der Gläubiger von Stefan kann nun zu Stefanie gehen und von ihr das Geld herausverlangen! Das Ganze richtet sich nach einem fast unbekannten Gesetz, dem Anfechtungsgesetz (kurz AnfG). Dieses Gesetz gilt für alle Gläubiger, die einen sogenannten Titel (Urteil, Vollstreckungsbescheid, Steuerbescheid usw.) haben. Es kann angewendet werden, solange kein Insolvenzverfahren über Stefans Vermögen läuft.
In unserem Fall hat Stefanie das Geld geschenkt bekommen. Deswegen genießt sie keinen besonderen Schutz. Sie muss das Geld an den Gläubiger herausgeben (§§ 4, 11 AnfG).
Stefanie hat nur eine Möglichkeit: Sie muss das Geld dann nicht mehr an die Gläubiger zahlen, wenn sie es nicht mehr hat. Dann ist sie „entreichert“ (§ 11 Abs. 2 AnfG).
Ein Variante hiervon ist, wenn Stefanie und Stefan absprechen, dass Stefanie das Geld für Stefan nur verwahren soll. Das ist juristisch feinsinniger. Es wird rechtlich damit ein Treuhandverhältnis geschaffen. Das Geld gehört dann weiterhin Stefan und nicht Stefanie. Sie verwahrt es nur für ihn auf ihrem Konto.
Aber auch dann ist das Geld nicht sicher. Wenn Stefanie wusste oder es für sie erkennbar war, dass Stefan hierdurch seinen Gläubiger benachteiligen wollte, kann der Gläubiger das Geld auch herausverlangen. Die Einzelheiten stehen in § 3 AnfG.
Hinzu kommt noch folgendes: im ersten Fall konnte Stefanie sagen, dass sie entreichert ist. Das geht im zweiten Fall nicht mehr, § 11 Abs. 2 AnfG.
Einen gewissen Schutz gibt es trotzdem in beiden Fällen. Das, was sowieso unpfändbar ist, kann hier auch nicht herausverlangt werden. Das ist also der Teil von Stefans Lohn, der unterhalb der Pfändungsgrenze liegt.
Die ganze Thematik hat auch noch eine strafrechtliche Komponente. Wer Bestandteile seines Vermögens beiseite schafft, wenn ihn die Zwangsvollstreckung droht, macht sich strafbar (§ 288 Strafgesetzbuch).
Wie eingangs erwähnt, ist dieses Gesetz selbst in Fachkreisen sehr unbekannt. Ein „normaler“ Gläubiger (Lieferant, Vermieter, Verkäufer usw.) hat erhebliche Probleme, an die Informationen zu kommen. Weder die Bank noch der Arbeitgeber von Stefan und Stefanie dürfen ihm Auskunft erteilen. Es gibt aber einen Gläubiger, der an solche Daten offiziell und problemlos herankommt und dann zuschlägt: der Fiskus.