Anfechtung nach § 130 InsO – Gut zu wissen
§ 130 InsO regelt die Insolvenzanfechtung bei der sogenannten kongruenten Deckung
Kongruente Deckung – Was ist das denn?
Der Gläubiger muss durch eine Rechtshandlung eine Sicherung oder Befriedigung gewährt worden sein. Konnte der Gläubiger diese Sicherung oder Befriedigung auf diese in der Form und zu diesem Zeitpunkt beanspruchen, nennt man diese Leistung kongruent.
Das ist zum Beispiel die Bezahlung einer Rechnung für eine gekaufte Sache in bar oder durch Überweisung bei Fälligkeit. Zahlung weit vor Fälligkeit ohne die Vereinbarung von Vorkasse ist damit nicht kongruent. Gefahr: Anfechtung nach § 131 InsO (siehe Teil 3 des Blogs).
Wenn man vereinbart hat, dass man dem Gläubiger als Sicherheit für ein von ihm gewährtes Darlehen ein Sparguthaben gibt, dann ist das Ok, wenn er genau dieses Sparguthaben erhält. Das gilt dann nicht, wenn die Stellung einer solchen Sicherheit gar nicht vereinbart ist, sondern nur die Aus- und Rückzahlung eines Darlehens.
Wenn Zahlung geschuldet ist, dann darf man nicht einfach eine andere Gegenleistung statt Geld geben: Eine Abtretung einer Forderung oder Übergabe eines Pfands, z.B. einer Uhr, weil man nicht zahlen kann ist nicht kongruent. Auch hier: Gefahr der Anfechtung nach § 131 InsO.
Privilegierung durch § 130 InsO
Erhält der Gläubiger innerhalb der letzten 3 Monate vor Antragstellung eine solche kongruente Leistung, ist er oft besser geschützt als andere Gläubiger. Aber auch hierfür gibt es Bedingungen:
Der Gläubiger darf von einer Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nichts gewusst haben. Ein solches Wissen kann sich aus einer Erklärung des Schuldners ergeben. Aber auch daraus, dass der Schuldner neben laufenden Zahlungen auf Rechnungen, Miete etc. auch Zahlungen auf Rückstände erbringt. Letztere allerdings nur unter Druck und schleppend.
Variante: Die Zahlung erfolgte nach dem Insolvenzantrag. Dann reicht es für eine Anfechtung auch aus, dass der Gläubiger von dem Antrag wusste.
Bedeutsam ist auch hier: Erhöhte Gefahrenlage für eine dem Schuldner nahestehende Person: Bei einem solchen Gläubiger wird vermutet, dass er die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
Zahlt der Schuldner also 2 Monate vor Antragstellung seine übliche Darlehensrate an seine Frau, so wird vermutet, dass diese wusste, dass ihr Mann zahlungsunfähig war. Die Anfechtung nach § 130 InsO droht. Sie muss diese Behauptung entkräften, was in der Regel nicht einfach ist.
Regel
Man gebe genau das, was geschuldet ist zu dem Zeitpunkt, wann es geschuldet ist. Wenn man anderes vorhat, sollte man wissen, wie man es richtig macht.
Auch wenn der Schuldner offensichtlich in Zahlungsnöten ist, sollten die Alarmglocken läuten. Und zwar immer.
Advosolve Fachanwaltskanzlei, 06.07.2022
Mannheim, Karlsruhe, Heidelberg