Herr Meyer hat Steuerrückstände beim Finanzamt. Ihm gehörte ein Grundstück. Auf dem Grundstück lastet eine Arresthypothek des Finanzamts. Im Oktober 2015 wandte sich Herr Meyer über seinen Rechtsanwalt an das Finanzamt. Er möchte sich mit dem Finanzamt einigen und die Schulden bezahlen. Dazu möchte einen Kredit aufnehmen. Die Bank würde ihm diesen geben, wenn sie das Grundstück als Sicherheit bekäme. Herr Meyer schlug daher vor, dass das Finanzamt auf die Arresthypothek verzichtet. Mit dem Kredit, den er dann bekäme, könne und würde er die Schulden bezahlen. Die Verhandlungen scheitern.
Zwei Jahre später, im Juni 2017, stellt Herr Meyer einen Insolvenzantrag. In diesem Zusammenhang stellt sich heraus, dass er das Grundstück bereits im August 2015 verkauft hat. Als er sich im Oktober 2015 an das Finanzamt wandte, war er also kein Eigentümer des Grundstücks. Er hatte versucht, mit falschen Angaben ein Entgegenkommen des Finanzamts zu erreichen.
Das Insolvenzverfahren wurde dann im Juli 2017 eröffnet. Das Finanzamt beantragte, dass Herrn Meyer die Restschuldbefreiung (RSB) versagt würde. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dem Finanzamt Recht gegeben.
Der BGH stützt seine Entscheidung auf § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Danach kann ein Gläubiger beantragen, dass der Schuldner keine RSB bekommt. Das Besondere an dieser Vorschrift ist, dass sie einen Zeitraum von drei Jahren vor dem Insolvenzantrag erfasst. Wer in dieser Zeit vorsätzlich oder grob fahrlässig schriftlich unvollständige oder unrichtige Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse macht, muss die Konsequenzen tragen. Wer mit falschen Angaben versucht, einen Kredit zu erhalten oder öffentliche Mittel zu erlangen oder Zahlungen an öffentliche Kassen zu vermeiden, ist nicht mehr schutzwürdig. Der BGH hat entschieden, dass auch allein schon der Versuch dazu reicht.
Unseren Fall gab Herr Meyer also rund zwei Jahre vor der Stellung des Insolvenzantrags an, er sei Eigentümer des Grundstücks, obwohl er wusste, dass das falsch ist. Er kann sich auch nicht damit herausreden, das Schreiben habe sein Anwalt verfasst. Dessen Erklärungen werden ihm zugerechnet.
Was ergibt sich daraus?
Das Gesetz und die Entscheidung des BGHs sind konsequent. Wer im Vorfeld eines Insolvenzverfahrens versucht, mittels falscher Angaben versucht, sich einen Vorteil zu verschaffen, versucht letztlich einen Betrug. Wenn der Betrugsversuch scheitert, bleibt ihm zumindest für drei Jahre die Tür zur Entschuldung über ein Insolvenzverfahren verschlossen.
Das Ganze gilt nicht nur für vorsätzliches, sondern auch für grob fahrlässiges Handeln. Auch das ist folgerichtig. Es soll einfach verhindert werden, dass Herr Meyer nach dem Motto handelt: ich versuche es erst einmal mit einem Betrug, wenn der nicht klappt, bleibt mir immer noch die Möglichkeit eines Insolvenzverfahrens.
Es ist eines der obersten Prinzipien des Insolvenzrechts. Wer redlich ist, soll seine Chance bekommen. Wer das missachtet, verdient keinen Schutz.
Advosolve Fachanwaltskanzlei Althaus
Mannheim, Karlsruhe, Heidelberg 11.2.22