Vielleicht haben Sie auch ein Schreiben eines Insolvenzverwalters erhalten, mit dem dieser von Ihnen Geld zurückfordert. Geld, das Sie von einem Kunden bekommen haben. Aus Ihrer Sicht völlig zu Recht, denn Sie hatten ihm dafür ja auch Waren geliefert.
Darf der Insolvenzverwalter so etwas? Ja. Er ist dazu sogar verpflichtet. Das heißt aber nicht, dass er im Ergebnis auch tatsächlich einen solchen Anspruch gegen Sie hat und Sie zahlen müssen.
Was steckt also hinter einer solchen Insolvenzanfechtung?
Teil 1 – Insolvenzanfechtung, was ist das überhaupt?
Im Vorfeld eines Insolvenzverfahrens gilt das Prinzip „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“. So fließen knappe Gelder des Schuldners häufig an Gläubiger, die am stärksten Druck ausüben. Außerdem werden dann meistens auch die Gläubiger bevorzugt bezahlt, die dem Schuldner wichtig sind. Das können z.B. Zahlungen auf Mietrückstände aus Angst vor Kündigung oder Zahlungen auf Rückstände beim Hauptlieferanten aus Furcht vor der Einstellung der weiteren Belieferung sein. Aber auch Zahlungen auf Rückstände bei Krankenkassen oder dem Finanzamt zählen dazu. Häufig werden auch noch Freunde und Verwandte bedient. Dadurch werden die anderen Gläubiger benachteiligt. Juristisch betrachtet handelt der Schuldner bei einer solchen Bevorzugung mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen.
Die Insolvenzanfechtung ist ein Instrument des Insolvenzverwalters, um genau solche zugunsten einzelner Gläubiger erfolgten Vermögensverfügungen „zurückzudrehen“. Das Insolvenzverfahren will nämlich eine gleichmäßige Befriedigung aller Gläubiger ermöglichen. Im Wege der Insolvenzanfechtung zurückgeholte Vermögensgegenstände sollen ebenso wie das übrige Vermögen des Schuldners gleichmäßig verteilt werden.
Im Wesentlichen bedeutet Insolvenzanfechtung also, dass der Insolvenzverwalter Zahlungen des Schuldners von den jeweiligen Gläubigern zurückfordern kann. Voraussetzung dafür ist, dass Schuldner und Gläubiger wussten, dass der Schuldner nicht alle seine Gläubiger bezahlen konnte, weil er nicht genügend Geld dafür hatte. Das nennt man „Zahlungsunfähigkeit“.
Die Insolvenzanfechtung ist in §§ 129 Insolvenzordnung (InsO) geregelt. Ergänzend zu der sich stetig ändernden Gesetzeslage hat sich eine äußerst umfangreiche Rechtsprechung entwickelt. Die Details im Einzelfall sind dafür entscheidend, ob der Insolvenzverwalter mit seiner Anfechtung Erfolg hat. Die Regeln der Insolvenzanfechtung sind daher nicht einfach zu überblicken. Das gilt selbst für einen nicht auf das Insolvenzrecht spezialisierten Rechtsanwalt. Es zahlt sich daher aus, den Rat eines Fachanwalts für Insolvenzrecht einzuholen.
Zwar gilt der Grundsatz, dass der Insolvenzverwalter die Voraussetzungen einer Insolvenzanfechtung nachweisen muss. Allerdings greift in manchen Fällen auch gesetzliche Vermutungen ein, die ihm den Nachweis erleichtern. Gerade diese Regeln erschweren häufig eine Verteidigung gegen eine Insolvenzanfechtung. Ein auf das Insolvenzrecht spezialisierte Anwalt kann Ihnen Wege aufzeigen, solche Vermutungen zu entkräften.
Am kritischsten sind die letzten drei Monate vor Insolvenzantragstellung. In diesem Zeitraum sind die Voraussetzungen an eine Insolvenzanfechtung am geringsten.
Neugierig auf mehr? Dann verfolgen Sie unseren Teil 2.
Advosolve Fachanwaltskanzlei, 29.04.2022
Mannheim, Heidelberg, Karlsruhe