Folgendes Problem: in einem Insolvenzverfahren tritt der Erbfall ein. Wenn man die Erbschaft annimmt, fällt sie in die Insolvenzmasse. Man kann sie auch ablehnen, bekommt dann aber nichts. Das sieht nach entweder – oder, nach alles oder nichts aus. Manchmal gibt es aber auch noch eine andere Lösung.
Dazu folgender bei uns aktueller Fall: das Insolvenzverfahren unseres Mandanten wurde vor ca. vier Jahren eröffnet. Er befindet sich inzwischen in der Wohlverhaltensphase. Nun tritt der Erbfall ein. Der Wert der Erbschaft beträgt 100.000 €. In dem Insolvenzverfahren haben vier Gläubigerforderungen angemeldet. Größter Gläubiger ist eine Bank mit einer Forderung von ca. 230.000 €. Dann kommt ein Inkassounternehmen mit ca. 30.000 €. Schließlich gibt es noch zwei Gläubiger mit kleinen Forderungen.
Unser Mandant ist in der Lage, über Dritte einen Geldbetrag von ca. 40.000 € aufzubringen. Dieser Betrag wird verteilt.
Mit den beiden großen Gläubigern sind wir in Verhandlungen getreten. Wir haben ihnen die Situationen dargestellt und einen bestimmten Betrag angeboten. Mit diesen Gläubigern haben wir Vergleiche geschlossen. Sie bekommen ein Betrag bezahlt und erklären im Gegenzug den Verzicht auf die Restforderung. Außerdem stimmen sie rein vorsorglich an der vorzeitigen Einstellung des Verfahrens und der Erteilung der Restschuldbefreiung zu.
Bei den beiden kleinen Gläubigern machen Verhandlungen wegen der Höhe der Forderungen keinen Sinn. Diese werden voll bezahlt.
Ergebnis ist, dass es in dem Verfahren keine Gläubiger mehr gibt. Dann macht es auch keinen Sinn mehr, das Verfahren weiterzuführen. Es kann also vorzeitig beendet werden. Die Restschuldbefreiung kann erteilt werden. Sie bewirkt, dass auch die Forderungen der Gläubiger, die nichts zur Insolvenztabelle angemeldet haben, miterfasst sind.
Natürlich muss auch der Insolvenzverwalter und das Gericht bezahlt werden. Hier wird es dann wichtig, in welchem Stadium sich das Verfahren befindet. Solange es noch in der Insolvenzphase ist, ergibt sich aufgrund des Werts der Erbschaft eine relativ hohe Vergütung des Insolvenzverwalters. In der Wohlverhaltensphase, in der sich unser Mandant befand, sind diese erheblich niedriger.
Das Ganze hat sich für alle Beteiligten gerechnet. Die Alternative wäre gewesen, dass unser Mandant die Erbschaft ausgeschlagen hätte. So jedoch haben alle Gläubiger mehr bekommen als wenn das Verfahren ohne die Erbschaft weitergeführt worden wäre. Der Insolvenzverwalter bekommt eine höhere Vergütung. Und der Mandant kann einen erheblichen Teil der Erbschaft behalten.
Advosolve Fachanwaltskanzlei, 18.05.2022
Mannheim, Karlsruhe, Heidelberg
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