Dürfen sich Klimakleber auf Grundrechte der Natur berufen?

Ist die Natur oder eine KI eine Person?

Das Landgericht Erfurt (Urteil vom 02.08.2024 – 8 O 1373/21) hat sich zu dieser Frage geäußert. Anlass war ein ganz normaler Dieselfahrzeug-Kauf. Hier hatte der Käufer gegen den Hersteller wegen der falschen Angaben im Hinblick auf ein eingebautes Thermofenster geklagt. Dazu gab es bereits eine ganze Menge von Urteilen. Das ist alles inzwischen vollkommen unspektakulär.

Interessanter wurde es, wie hoch der Schadenersatz zu bemessen ist. Nach dem Bundesgerichtshof gibt es eine Spanne zwischen 5 und 15 Prozent des Kaufpreises. Das Landgericht Erfurt hat sich auf 10 Prozent festgelegt. Auch das ist insoweit alles völlig normal.

Spannend wird es nun bei der Begründung:

Das Gericht darf die Höhe eines Schadens unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und nach freier Überzeugung schätzen. Das Landgericht meint, hier würden nun auch die Eigenrechte der Natur zu berücksichtigen sein. Das ergäbe sich aus der Charta der Grundrechte der Europäischen Union. Die Natur hat also – so das Landgericht – eigene Rechte. Diese müssen von Amts wegen beachtet werden. Es ist also gar nicht notwendig, dass sich eine der Prozessparteien hierauf beruft. Das Gericht meint, die Anerkennung von spezifischen Rechten ökologischer Personen sei geboten. Auch stellt das Landgericht fest, dass nicht nur natürliche und juristische Personen, diese gibt es im Gesetz, sondern auch noch nicht im Gesetz festgelegte „Personen“, wie die Natur oder auch in Zukunft eine künstliche Intelligenz, vom Grundgesetz (!) geschützt seien. Deswegen muss es auch bei ökologischen Personen so sein, dass diese Grundrechtsschutz erfahren.

Noch einmal: Bislang gibt es im Gesetz natürliche Personen. Das sind die ganz normalen Menschen wie Du und ich. Daneben gibt es juristische Personen, das sind also Gesellschaften wie eine GmbH oder eine Aktengesellschaft. Im Gesetz steht aber nichts von ökologischen Personen. Das gibt es schlichtweg nicht. Die nächste Frage ist dann, wer soll denn hier Rechte für die Natur geltend machen können? Was ist denn die Natur? Dürfen die Klimakleber sich nun auf die Grundrechte der Natur berufen?

So absurd es klingt, in anderen Ländern wurden bereits Rechte der Natur anerkannt. In Spanien beschloss das Parlament im Jahre 2022, dass eine Salzwasserlagune eigene Recht haben solle. In Indien erklärte ein Gericht den Ganges im Jahre 2017 zu einem Lebenswesen. Dieses Urteil wurde allerdings vom indischen Obersten Gericht wieder aufgehoben.

Meiner Meinung ist das ein sehr eigenartiges Urteil des Landgerichts Erfurt.

Advosolve Fachanwaltskanzlei, 16.08.2024

Mannheim, Karlsruhe, Heidelberg, Frankfurt